Die Liebe des Ulanen 1 Die Herren von Königsau by Karl May

Die Liebe des Ulanen 1 Die Herren von Königsau by Karl May

Autor:Karl May
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Books on Demand


11. Kapitel

Der freundliche Leser mag verzeihen, dass er jetzt aus dem Jahre 1870 ganz plötzlich um volle fünfundfünfzig Jahre in das Jahr 1814 zurückgeführt wird!

Es ist mit den Völkern ganz so wie mit dem einzelnen Menschen. Wer die Errungenschaften und Enttäuschungen, die Erfolge und Verluste des Alters verstehen will, der muss zur Jugendzeit zurückkehren. Ein Tag wächst aus dem anderen, ein Jahrhundert aus dem vorhergehenden heraus. Taten und Ereignisse, die sich scheinbar nicht begreifen lassen, schlagen ihre verborgenen Wurzeln in die Vergangenheit. Und so wird auch Manches, was auf Ortry jetzt geschehen ist, und Vieles, was noch geschehen wird, nur dann verstanden werden, wenn der Vorhang zurückgezogen wird, hinter welchem die verflossenen Jahre im Dunkel liegen. –

Also es war im Jahre 1814. Napoleon der Erste war besiegt und bereits nach seinem Verbannungsorte, der Insel Elba unterwegs. Am 31. März waren die Verbündeten in Paris eingezogen, an ihrer Spitze die Herrscher Österreichs, Rußlands und Preußens. Einer aber, der zu dem Siege der vereinigten Waffen wohl das Meiste beigetragen hatte, saß auf dem Montmartre und konnte nicht mit teilnehmen; das war der alte Blücher.

Der greise Feldmarschall »Vorwärts« litt am Fieber und einer peinlichen Augenentzündung. Noch die Schlacht von Paris hatte er geleitet, mit dem Schirme eines grünseidenen Damenhutes vor den Augen. Als der Einzug begann, zeigte er sich auch, hoch zu Roß und den grünen Schirm unter dem Generalshute; aber es gelang den Bitten Gneisenaus und des Generalchirurchus Dr. Völzke, ihn zum Zurückbleiben zu bewegen.

Bald aber erlaubte ihm eine Besserung seines Zustandes, in der Stadt zu wohnen, und so bezog er das Palais des Herzogs von Otranto in der Rue Cerutti. Von hier aus spazierte er täglich in der Stadt herum, um die Sehenswürdigkeiten derselben kennen zu lernen. Am Liebsten ging er im Garten oder unter den Laubengängen des Palais Royal umher, den einfachen, bürgerlichen Überrock an und die unvermeidliche Pfeife im Mund. Oft saß er bei dem Gastwirte Very in den Tuilerien, trank Kaffee mit Milch oder ein Warmbier und zog ganz Gemütlich den Rock aus, wenn es ihm zu warm wurde.

In diesem Locale saßen eines Nachmittags mehrere Herren beim L'Hombre. Ihrer Aussprache nach mussten sie geborene Franzosen sein, und ihre Haltung verriet, dass man sie als Angehörige des Militärstandes betrachten müsse.

An einem in der Nähe stehenden Tische saß ein junger Mann in Civil, welcher sich den Anschein gab, als ob er völlig teilnahmslos sei, trotzdem aber jedes Wort der Unterhaltung vernahm, welche in den Zwischenpausen des Spieles geführt wurde.

Da öffnete sich die Tür, und es trat ein alter Herr ein, der einen sehr einfachen Anzug trug und nach einem kurzen Gruße an einem der vorderen Tische Platz nahm. Er bestellte sich eine Tasse Warmbier und war, als er sie erhalten hatte, so mit ihr beschäftigt, dass er sich um die anderen Anwesenden gar nicht kümmerte. Der Kopf dieses alten Herrn war herrlich geformt, hatte eine prächtige Stirn, eine starke, gekrümmte Nase, dunkel gerötete Wangen und einen feinen Mund, welcher von einem dichten, herabhängenden Schnurrbart beschattet wurde. Zu dem wohlgeformten Kinn



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